Weltlehrertag am 05.10.2006

Praxisorientierte Tagung der jungen GEW Saarland

„Wir Lehrer wollen was verändern und über den Tellerrand hinausschauen“, sagte Andreas Sánchez, Vorsitzender der jungen GEW Saarland. Das war Motivation und Ziel der GEW-Tagung unter dem Motto „Schule bewegen“, die im Rahmen des Weltlehrertags am 5. Oktober an der Universität Saarbrücken stattfand.
Kurz nach 8 Uhr trugen sich die ersten Studierenden, Lehramtsanwärter/innen und junge Lehrer/innen in die Teilnehmerlisten der Fachtagung der jungen GEW ein. Das Foyer füllte sich schnell, es gab belegte Brötchen, Kaffee und kalte Getränke.

 

Zuckerbrot und Peitsche

Rund hundert Teilnehmerinnen kamen. Klaus Kessler, Landesvorsitzender der GEW Saarland, eröffnete die Veranstaltung. Er forderte, dass der Lehrerberuf attraktiver werden müsse und ein besseres Image brauche. In den Sonntagsreden der Politiker gebe es Zuckerbrot für den Berufsstand, so wie in Köhlers Berliner Rede, in der Lehrer zu Helden des Alltags ernannt wurden. Wenn es allerdings um die Arbeitsbedingungen gehe, gebe es die Peitsche. „Im Saarland ist die Betreuungsrelation Schüler/Lehrer so schlecht wie in keinem anderen Bundesland“, beklagte Kessler. Den Referendaren sprach er aus dem Herzen, als er die viel zu hohe Anzahl eigenverantwortlicher Unterrichtsstunden an verschiedenen Standorten anprangerte. Ein Referendar berichtete später, dass er monatlich rund 120 Euro für Benzin ausgebe.
 

Bevor Dr. Silke Traub mit ihrem Einstiegsreferat „Effektive Gestaltung einer Lernumgebung“ begann, sorgte sie dafür, dass alle Zuhörer/innen ihr Skript zur Verfügung hatten. Sie bezog das Auditorium immer wieder in ihren Vortrag ein: „Was ist die wichtigste Voraussetzung für einen guten Lernerfolg?“, fragte die Erziehungs- wissenschaftlerin der Pädagogischen Hochschule Schwäbisch Gmünd. Die meisten tippten auf „Motivation“, wenige auf „Intelligenz“ und nur Einzelne lagen richtig mit ihrer Einschätzung, dass die „Vorkenntnisse“ der entscheidende Lernfaktor sind. Traub erklärte wie Lehrende mit der Erkenntnis, dass Lernen ein individueller Prozess ist, umgehen können. Wer tiefer in das Thema einsteigen wollte, konnte mit Traub im anschließenden Workshop weiterarbeiten.

   

Gespräche sind wichtig

Trotz Zeitverzug kürzte Andreas Sánchez die Gespräche im Foyer nicht ab. Es war den Veranstaltern wichtig, dass die Teilnehmer/innen schulartübergreifend ins Gespräch kamen. Gerade am Weltlehrertag sollte eine gemeinsame Identifikation mit dem Beruf möglich werden. „Vielleicht können wir Standesdenken unter den Lehrer/innen aufbrechen und dazu beitragen, dass sie sich bei Problemen nicht gegenseitig die Schuld zuschieben“, hoffte der Gesamtschullehrer Sánchez. Die praxisorientierten Workshops standen allerdings im Vordergrund. Sie sollten Ideen bieten, die alle Beteiligte nachher ausprobieren und umsetzen können. In der Arbeitsgruppe mit Thomas Grüner traf das zu. Sein Programm „An einem Strang ziehen – Schülern Werte und Regeln vermitteln“ zog vor allem Lehrer/innen an. Der Ausbilder für Mediation und Täter-Opfer-Ausgleich stellte gleich zu Beginn klar: „Lehrer/innen arbeiten in einem Zwangskontext und Schulen haben einen Selektionsauftrag, bei dem nicht alle Schüler/innen gleich gut wegkommen. Frustrationen der Schüler kriegen die Lehrer ab – jeden Tag.“ Grüner nennt viele Beispiele, die belegen, dass sein Programm aus dem Schulalltag stammt. Der erfahrene Psychologe zeigt wie Lehrer/innen den Schüler/innen Grenzen setzen und trotzdem ohne das Wort „Strafe“ auskommen. Beate Gramer, die erst seit vier Wochen am Gymnasium unterrichtet, fühlte sich nach Grüners Einführung entlastet. „ Ich muss im Konflikt mit den Schülern nicht alles persönlich nehmen“, freute sich die Lehrerin.

Auch von den anderen Workshops profitierten die Teilnehmenden für ihre Praxis. In der Arbeitsgruppe des Sport- und Bewegungswissenschaftlers Dr. Dieter Breithecker beschäftigten sich die Interessierten damit, wie mit mehr Bewegung im Unterricht das Lernen und die Gesundheit gleichzeitig gefördert werden können. Die SR-Moderatorin Bärbel Jenner-Selke arbeitete mit ihrer Gruppe, wie Lehrer/innen bei ihren „Auftritten“ vor der Klasse wirken und was sie verbessern können. Jörg Schöpp vom Erlebnispädagogischen Zentrum Saar zeigte den Teilnehmern unter dem Motto: Lernen im Grenzbereich, wie Abenteuer- und Kooperationsübungen für Schüler auch in den Unterricht transferiert werden können. Rund 10 Studierende informierten sich bei der Jungen GEW, vertreten durch den Grundschullehrer Peter Gerlach und den Referendar Steffen Schermer, über Rahmenbedingungen, Prüfungsfragen und Lernprozesse im Referendariat sowie über die rechtlichen Grundlagen der Lehrerlaufbahn.

Zufriedene Gesichter zur Mittagszeit. In der Mensa waren bereits die Tische reserviert. Gestärkt arbeiteten am Nachmittag die Arbeitsgruppen weiter. Damit die Gespräche danach nicht gleich versiegten, verwöhnte die Junge GEW alle Beteiligten mit einem Umtrunk und Brezeln. Es war eine lohnende Tagung für alle.